Haftung auf der Baustelle – Gerüststurz

Gefahrenarbeitsplatz Baustelle

Die Arbeit auf einer Baustelle ist mit Risiken behaftet, die nicht unterschätzt werden dürfen. Trotz strenger werdender Sicherheitsauflagen kommt es insbesondere bei Arbeiten auf dem Gerüst immer wieder zu Unfällen und Abstürzen, die für den Betroffenen lebenslange Folgen haben können. Die daraus resultierenden Ansprüche sollten von Anfang an umfassend geltend gemacht werden, um die möglicherweise langfristigen Auswirkungen abzufedern. Für den Betroffenen stellen sich vor allem die Fragen, wer für die ordnungsgemäße Aufstellung des Baugerüsts haftet, wie sich die Beweissituation nach einem Unfall darstellt und ob er sich unter Umständen ein eigenes Fehlverhalten anrechnen lassen muss.

 

Wer haftet für die Gerüstaufstellung auf der Baustelle?

Verantwortlich für die Sicherheit auf der Baustelle ist in erster Linie der Bauherr. Typischerweise überträgt er die Verantwortung für die Aufstellung des Gerüsts auf den Gerüstbauer, der verpflichtet ist, bereits während der Aufstellung seine Handlungsschritte umfassend zu dokumentieren und das Gerüst nach der Aufstellung bzw. vor der Freigabe zu kontrollieren. Dies kann er anhand eines Prüfprotokolls nachweisen; er haftet dabei auch für die durch ihn mit der Wahrnehmung der Sicherungsaufgaben betrauten Hilfspersonen. Bestehen Mängel, die auch der Bauherr selbst bemerken muss, lebt allerdings auch seine Pflicht zur Sicherung der Gefahrenquelle wieder auf.

Daneben muss auch der bauleitende Architekt, der mit der örtlichen Bauaufsicht betraut ist, darauf achten, dass der Gerüstbauer das Gerüst verkehrssicher errichtet hat. Dies gilt insbesondere, wenn er erkennt, dass der Bauherr bzw. der das Gerüst benutzende Unternehmer (Dachdecker, Verputzer o.ä.) nicht die erforderliche Sachkunde hat, um die Sicherheit zu beurteilen, oder wenn er selbst Gefahrenquellen erkennen konnte.

Im Ergebnis können daher sowohl der Bauherr als auch der Gerüstbauer und der Architekt verantwortlich sein.

 

Unfallverhütungsvorschriften sind verbindlich

Die Unfallverhütungsvorschriften aus dem SGB VII geben gemeinsam mit der Betriebssicherheitsverordnung die Anforderungen vor, die der Gerüstbauer beachten muss. Werden sie nachweislich verletzt, begründet das den Vorwurf der Fahrlässigkeit gegenüber dem Gerüstbauer, ohne dass der Geschädigte im Detail nachweisen muss, dass genau diese Verletzung zu seinem Unfall geführt hat – ihm kommt der sogenannte „Beweis des ersten Anscheins“ zugute. Beispielsweise muss ein Unternehmer, der ein Gerüst mit unzureichender Belags- und Fangbreite aufstellt hat, beweisen, dass auch ein Gerüst mit der vorgeschriebenen Fangbreite den Sturz des Klägers vom Dach nicht aufgefangen hätte. Gelingt dieser Beweis nicht, dann haftet er wegen Fahrlässigkeit (OLG Stuttgart, Urteil vom 12. März 1999 – 2 U 74/98). Der Gerüstbauer muss auch geeignete, nicht brüchige Bodenplatten im Gerüst verwenden.

 

Weitere Verantwortung

Neben dem Gerüstbauer ist jedoch auch der Unternehmer, der auf dem Gerüst arbeitet, nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung für die Sicherheit seiner Arbeitnehmer verantwortlich. Der Unternehmer kann sich zwar grundsätzlich auf die Kontrolle der Unfallverhütungsvorschriften durch den Gerüstbauer verlassen; leidet das Gerüst jedoch an einem Mangel, der auch dem Unternehmer hätte auffallen müssen, muss sich der Geschädigte jedenfalls im Verhältnis der Ansprüche gegen den Gerüstbauer ein Mitverschulden seines Arbeitgebers anrechnen lassen. Auch der Arbeitnehmer selbst muss sich an die Verhaltensregeln halten, die auf dem Gerüst gelten. Klettert er beispielsweise auf dem Gerüst umher, anstatt die vorgesehenen Leitern zu benutzen, mindert dies seine Ansprüche.

 

Schmerzensgeld bei Gerüststürzen

Die erheblichen Verletzungen, die ein Absturz nach sich ziehen kann, rechtfertigen oftmals hohe Schmerzensgeldzahlungen. Bei einem Polytrauma und mehreren Brüchen, mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt inklusive Intensivstation und nachfolgender Erwerbsunfähigkeit hat das OLG Hamm 2004 ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro für angemessen erklärt (OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2004 – 13 U 224/01). Bei Querschnittslähmungen werden inzwischen Schmerzensgeldsummen von bis zu 400.000 Euro zugesprochen (z.B. LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 10.01.2020 – 4 O 494/15).

 

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