Haftung bei Corona
Derzeit entstehen durch den Corona-Virus sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft erhebliche Schäden. Aufgrund dessen, dass die Problematik erst seit kurzer Zeit akut ist, gibt es natürlich noch keine Urteile, um abschließend zu klären, ob und in welchem Umfang für diese Schäden eine Haftung übernommen werden kann. Derzeit besteht eine Möglichkeit der Einschätzung darin, vergleichbare Haftungsansätze auf die aktuelle Situation zu übertragen.
Ansteckung im Krankenhaus
Krankenhauskeime sind bereits unabhängig von der aktuellen Corona-Welle Gegenstand zahlreicher Verfahren.
Den Gerichten nach ist es zunächst grundsätzlich Aufgabe des Krankenhauses, zu beweisen, dass alle möglichen Hygienevorschriften berücksichtigt wurden. Kann der Betroffene also nachweisen, dass er sich im Krankenhaus angesteckt hat, bietet dies eine gute Ausgangsbasis für einen Schadensersatzanspruch.
Auch der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden (BGH, Beschluss vom 16. August 2016 – VI ZR 634/15 –), dass der Krankenhausträger eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast dahingehend hat, dass die Hygienestandards eingehalten wurden:
„Hat der Patient konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß vorgetragen, trifft den Krankenhausträger die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Maßnahmen, die er ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die vom Sachverständigen als Voraussetzung für ein behandlungsfehlerfreies Vorgehen angeführten Hygienebestimmungen eingehalten wurden.(Rn.14)“
Es ergibt also Sinn, einen Schadenersatz geltend zu machen, wenn Sie also davon ausgehen, dass Sie sich im Krankenhaus angesteckt haben.
Ansteckung auf einer Veranstaltung oder in einem Geschäft
Sogenannte Verkehrssicherungspflichten treffen den, der eine Veranstaltung organisiert oder ein Geschäft eröffnet.
Die ständige Rechtsprechung des BGHs ist deutlich, was diese Verkehrssicherungspflichten betrifft: derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer so weit wie möglich zu verhindern. Dazu gehören diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (Senatsurteile vom 6. März 1990 – VI ZR 246/89, mwN). Verkehrssicherungspflichtig ist auch derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine eingetretene Gefahrenlage andauern lässt (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2006 – III ZR 68/05).
Diese Grundsätze können auf den Corona-Virus angewendet werden. Der Veranstalter oder der Inhaber des Geschäfts haften damit nicht für jeden, der sich dort ansteckt, sondern dann, wenn er Maßnahmen nicht ergriffen hat, die ein umsichtiger und verständiger Mensch ergriffen hätte.
Im Wesentlichen kann dies bedeuten, dass der Veranstalter oder Inhaber dann haftet, wenn er sich nicht an die offiziellen Empfehlungen zum Umgang mit Corona gehalten hat. Er würde zum Beispiel dann haften, wenn er wusste, dass einer seiner Mitarbeiter im Krisengebiet war und die empfohlene Karenzzeit von zwei Wochen zu Hause nicht eingehalten hat. Ebenfalls ließe sich eine Haftung damit begründen, wenn er vernünftige Maßnahmen unterlassen oder unvernünftige Maßnahmen getroffen hat.
Ansteckung durch einen Dritten
Wird man durch einen Dritten angesteckt, so stellt sich die Frage, ob dieser hierfür auf Schadensersatz haftet. Als Ausgangspunkt für diese Frage lässt sich die bisherige Rechtsprechung des BGHs zur Ansteckung mit HIV heranziehen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine Haftung für eine HIV-Infektion vorliegt, wenn
- der Infizierte von seiner Erkrankung gewusst hat,
- er dem Betroffenen davon nichts mitgeteilt hat
- und trotzdem ungeschützten Sexualverkehr mit ihm ausgeübt hat.
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 04. November 1988 – 1 StR 262/88 –) führt wörtlich aus:
„Jedenfalls beginnt die Strafbarkeit des Täters dort, wo er kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfaßt als der sich selbst Gefährdende. So verhält es sich aber, wenn jemand, dem bekannt ist, daß er HIV-infiziert ist, geschlechtlich verkehrt mit einem anderen, den er von der Infektiosität und der mit seiner Ansteckung verbundenen Lebensgefahr nicht informiert hat.“
Bezogen auf den Corona-Virus haftet damit derjenige, der von seiner Ansteckung oder zumindest von seiner erheblichen Gefährdung gewusst hat und dann, ohne die Menschen in seiner näheren sozialen Umgebung zu informieren, ungeschützt mit ihnen Kontakt hat.
Beratung durch Fachanwalt für Medizinrecht
Dr. Alexander Lang ist Fachanwalt für Medizinrecht und setzt seit mittlerweile über 15 Jahren die Rechte der Geschädigten durch. Dabei bezieht sich ein Großteil seiner Tätigkeit auf das Thema Schadensersatz wegen Gesundheitsverletzungen. Soweit Sie daher mit dem Corona-Virus infiziert wurden oder durch das Corona-Virus einen Schaden erlitten haben, kontaktieren Sie uns per Mail unter info@steinbock-partner.de oder telefonisch über 0931 – 22222.